Ich muss schmunzeln. Und das ziemlich oft, trotz Vollgas. Es kommt mir vor wie ein Sechsundfünfzig minütiges Déjà-vu. Aber der gestrige Wettkampf war kein Tagtraum. Er war Realität. Und diese kann manchmal so geil sein! Mein zweiter Start beim Spremberger „Volkstriathlon“ nach 2015 war emotionsgeladen und erkenntnisreich. Ein kurzweiliger Wettkampfbericht.
Noch eine Rechnung mit dem Heimatrennen offen?
Was heißt Rechnung offen? 2015 war meine allererste Triathlonsaison. Zum Zeitpunkt des ersten Sprintwettkampfs hatte ich damals etwa 6-7 Monate trainiert. Eher ohne Plan, einfach drauf los. Das Ergebnis war dementsprechend – sagen wir – bescheiden. Völlig überfordert von der Kombination der drei Disziplinen, schleppte ich mich nach knapp 1:02 Stunden ins Ziel. Nicht das es realistisch gewesen wäre, aber vielleicht kennst Du folgende Gedanken: Du startest bei Deinem Heimatrennen und willst natürlich auch abliefern. Selbst wenn es seeeehr optimistisch zu klingen scheint, liebäugelst Du mit einem der vorderen Platzierungen. Podium? Wäre fett!
Nun ja. Die Realität schubste mich damals auf den siebten Platz. Irgendwie war ich unzufrieden.
„Kollege! Schau mal wie Beine Und Pumpe brennen, mach mal langsam“
Das Verrückte daran…
Es musste 3 Jahren dauern bis ich gestern nun endlich meine zweite Chance bekam. Wenn ich mir das so überlege, kann ich es fast nicht glauben. Ich möchte gar nicht zu weit ausholen. 2016 war ein Seuchenjahr (Verletzungen), und letzte Saison das Gran Fando Abenteuer. Da haben wir schon die Erklärung für meine zweijährige Abstinenz.
Kontrolliertes Pacing trotz Adreanalinkick?
Okay. Zeitsprung, zurück zum Hier und jetzt. Gestern, am 03. Juni 2018 um 10:21 Uhr begann die Jagd. Die Jagd nach meinem imaginären Ich von vor drei Jahren. Wegen des zeitlich versetzten Starts (1 Minute pro Starter), hattest Du keine Chance, Dich während des Rennens einzuschätzen. Das musstest Du also mit Dir selber ausmachen. Auch wenn Du keine direkten Konkurrenten siehst, kann es tückisch sein, auf sich allein gestellt zu sein. Ohne einen kühlen Kopf, überzockst Du leicht. Etwa auf den ersten hundert Meter im Wasser, wenn Du übermotiviert loskraulst, ja fast schon lossprintest (50m Durchgangszeit 37 Sekunden :D, geplant waren 44), oder wenn Du adrenalingetränkt nach dem Wechsel aufs Rad die erste Gegensteigung mit 50 Watt mehr hochknallst als geplant. Du weißt es schon: Pacing ist alles! Aber irgendwie waren WIR – mein Körper und ich – an diesem Tag trotz dieser sinnfreien Leistungsausreißer nach oben ein Team.
Warum ich wie eingangs erwähnt schmunzeln musste? Die Wettkampfstrecke ist noch immer die selbe wie 2015. Oft stellte ich mir vor, wie sehr ich vor drei Jahren am jeweiligen Zeitpunkt des Rennens gelitten habe, jetzt dagegen relativ kontrolliert mein Ding mache. Besonders genial: Die Momente nach dem Wendepunkt der Radstrecke (2x10km). Hinzu blas mir mächtig Wind entgegen, wobei sich das Spiel auf der zweiten Hälfte umdrehte. Mit knapp 50 km/h sauste ich die lange Gerade Richtung Freibad zurück. Auch wenn ich als einer der wenigen ambitionierten Teilnehmer KEIN Zeitfahrrad hatte, versuchte ich mich so klein wie möglich auf meinem Rennrad zu machen. Arm schön eng anliegend, Kopf runter, alle paar Sekunden mal zur Orientierung hochgucken. Mein Rad-Split war solide! Knapp 4,1 Watt/kg, wie kalkuliert. Passt!
Wie Frodeno kein gutes Kraft/Lastverhältnis…
Bei den Zielinterviews flachst Jan Frodeno gern über sein bescheidendes Kraft/Lastverhältnis am Berg. Dass er bei hügligen Rennen einfach Nachteile gegen die ganzen Bergflöte hätte. Tja. Wenn Du sehr groß und/oder eher athletisch bist, kannst Du das wohl gut nachvollziehen. Und so musste ich auch auf der finalen Laufstrecke ab und zu schmunzeln. Immer mit dem Gedanken, dass der zweimalige Ironman Weltmeister ein paar hundert Kilometer weiter südlich gerade genauso am Berg zu kämpfen hat.
Kurzum: Ich habe es gedanklich gar nicht erst zu gelassen, dass mein Körper mir die Schmerzen sekündlich offenbart. Nach dem Motto: „Kollege! Schau mal wie Beine Und Pumpe brennen, mach mal langsam“ –
Wie das mit „Das Streben nach Glück“ gemeint ist…
Kennst Du den gleichnamigen Film mit Will Smith in der Hauptrolle? Er ist einer meine absoluten Lieblingsfilme. Es geht darum, seiner Leidenschaft nachzugehen, auch wenn Dir viele Steine in den Weg gelegt werden, Du kämpfen musst, Du täglich für Deinen Traum ackerst. Und Du es trotz der ganzen Strapazen in ganz vielen Momenten genießen kannst. Bis Dein Plan dann irgendwann aufgeht, und Du Ziele erreichst, Die Dich glücklich machen. Auch gerade weil Du weißt, welchen Weg Du bis dahin zurücklegen musstest.
Es ist nicht nur der zweite Platz, das Podium, der mich gestern glücklich machte. Es ist das große Ganze. Das tägliche Training seit vielen Monaten, die Zweifler, aber auch die Glücksmomente in und nach manchen Trainingssituationen. All das mixt sich in so einem Moment wie gestern zu einem randgefüllten Emotionscocktail zusammen. Ich genoss ihn ausgiebig!
Aus dem wenigen Negativem das Positive ziehen
Alles in allem bin ich sehr zufrieden mir meiner Leistung. Punkt! Keine Ausreden, was noch besser hätte laufen können. Dieses Ausredengesuche erspare ich mir, und dir 😉
Vielmehr möchte ich das, was noch nicht so top lief, in konstruktive Kritik an mich selbst ummünzen. Ganz oben auf der Trainingsagenda:
- Noch cooler unmittelbar vor dem Schwimmstart zu sein, um so schon ab den ersten Metern genau das angestrebte Tempo zu schwimmen.
- Der abschließende Lauf war zwar solide, aber in den Zeitlupe-Sequenzen sieht man sehr gut, wie ich teilweise echt kacke lauf. Stichwort: Laufökonomisierung. Da werde ich nochmal an meiner Lauftechnik feilen müssen. Damit meine ich gar nicht mal klassisches Lauf-ABC Training. Eher strukturiertes Intervall- und Bergtraining mit sauberer Lauftechnik. Das stand bis jetzt so gut wie noch gar nicht auf dem Trainingsprogramm. Um so besser! Dann habe ich noch viel Luft nach oben!
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Nächster Wettkampftatort wird übrigens der Spreewald Triathlon in zwei Wochen sein. Gleiches Format, nur diesmal mit Seeschwimmen und Massenstart. Find ich geil! Bin gespannt.
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