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Giro Epilog | Mein Zeitfahr-Fail bei der letzten Etappe

Gestern vor einer Woche endete der diesjährige Giro Delle Dolomiti. Mein Fazit und die Anekdote mit dem Trainingslager Shutdown danach, habe ich Dir bereits erzählt. Nicht aber mein Zeitfahr-Fail bei der sechsten und letzten Etappe vergangenen Samstag. Endlich hatte ich mal Chancen auf’s Podium, aber dann kam es halt doch anders, als ich dachte…

Der Start aka sofort #fullgas

Nach einem kurzen Verpflegungspäuschen, starteten alle Einzelstarter gemeinsam 20 Minuten vor dem 5er-Team-Zeitfahren. Ich wollte heute eigentlich „locker“ machen. Dementsprechend hatte mich für keines unserer Alpecin-Teams gemeldet. Doch schon beim 50km-Einrollen im Peloton merke ich, dass die Oberschenkel heute ordentlich zünden wollen! Hatte ich so gar nicht mit gerechnet…

Dann fiel der Startschuss. Ich ordne mich direkt weit vorne ein. Nach ein paar Hundert Metern sind wir aus der Innenstadt des kleinen Örtchens raus, und schon jetzt nur noch ein paar Fahrer. Ich klebe an vierter oder fünfter Position – chille quasi im Leerlauf, naja im Windschatten halt. Und da macht es Klick: „Scheiße, wat soll’s, kette rechts und go Sören!“. In den nächsten Minuten schaue ich erst gar nicht auf die Wattanzeige, sie hätte mir wahrscheinlich „STOPPP SÖÖÖREN 😀“ zugebrüllt. Doch ich feuer einmal richtig durch, dabei aeromäßig mit den Ellenbogen auf dem Lenker und weit nach vorne lehnend. Nach kurzer Zeit überholt mich ein Italiener und gleichzeitig der spätere Sieger des Rennens.

Er gestikuliert zu mir das Symbol des Belgischen Kreisels. Ich nicke und schaue kurz durch meine linke Achsel nach hinten: zwischen uns und den Verfolgern klafft eine große Lücke. „Jetzt gibt es kein Zurück mehr“, denke ich mir. Dann blinzel ich doch mal kurz auf die Wattanzeige…“Hmm 26 Kilometer, das wird mindestens doppelt so lang wie der CP20 Test von letzter Woche, und das bei diesem Watt-pro-Kilogramm-Verhältnis?

„Jaaaaa, das könnte in einer fetten Explosion enden“ 😀

Doch bevor ich die Gedankenschnipsel auf Wahrheit oder Lüge abklopfen kann, löst mich der Italiener wieder ab. 30-40 Sekunden im Windschatten. Unerwartet erhole ich mich dabei sehr gut von den Führungssekunden und Wattpeaks. Letztere liegen deutlich über meiner Schwelle. Aber es entsteht eine gute Dynamik zwischen uns, so dass der kurzweilige Schmerz im Wind irgendwie aushaltbar ist.

Lachen hilft, den Schmerz auszublenden

Dann kommt die erste Welle. Ich hinter ihm. Trotz Windschatten muss ich beißen, an ihm dranzubleiben. Da hilft nur der Wiegetritt. Und dran bin ich wieder, dafür ist die Pumpe ordentlich am Japsen. Weitere ein bis zwei Kilometer kreiseln wir umeinander, bis der erste knackige Berg bzw. Hügel kommt. Jetzt macht er mich endgültig nass und es wird das klar, was ich eigentlich schon vorher gewusst. Er ist einfach ne ganze Ecke stärker und lässt mich ordentlich stehen. Im Eifer des Gefechts rufe ich ihm sogar noch „sorry“ hinterher und winke ab.

Schaue mich um, doch da kommt lange keiner und pole mich mental wieder um. „Dann halt alleine„, und muss wieder an die Worte von Florian Wildgruber denken: Lachen hilft, auch im Wettkampf. Und so zwänge ich mir ein Grinsen auf die Backen 😉

Na klar, das Feeling, mal vorne mitzufahren, motiviert mich heute ordentlich. Die nächste Welle fahre ich in einem konstanten Tempo um meine Schwelle herum hoch. Danach folgt eine rasante Abfahrt durch ein altertümliches Ortsteilchen. In Froome-Manier mache ich mich auf dem Aeroad cf slx so klein wie möglich. Garmin zeigt mir 75 km/h an, ich entgegne dem in Gedanken: „Geil, rollt richtig, fetzt gerade mordmäßig!!

Aufeinmal stehe ich vor einer Autobahnauffahrt…

Dann kommt eine lange Gerade. Bereits einmal vorher bin ich mir nicht sicher, ob ich noch richtig bin. Bei der Fahrschule habe ich gelernt, geradeaus zufahren, wenn nix anderes angezeigt oder gesagt wird. Also fahre ich auch an diesem Kreisverkehr geradeaus und übersehe das nach linkszeigende Kalternschild. Ich wähne mich, noch auf Kurs zu sein. Doch als ein paar Kilometer weiter plötzlich vor mir die Autobahnauffahrt und ein hupender LKW auftaucht, bestätigen sich leider alle meine Zweifel: Ich bin komplett lost! „Na klasse ey!, sone Kacke ey!„.

Ein paar Mal tingel ich die nächsten Minuten hin und her. Hatte ja in meinem Tunnelmodus nicht weiter auf die Schilder geachtet. Bin bedient. Finde dann aber doch zurück auf die langgezogene Landstraße mit dem Kreisverkehr, wo ich erst falsch gefahren war. Und sehe schon von weiten, wie mir zwei entgegen kommen. Symbolisiere ihnen, dass sie falsch seien. Laut Ortsschild sind es noch acht Kilometer bis Kaltern. Keine Ahnung, ob das nun der richtige Weg ist, aber ich fahre einfach drauf los. Und baller nochmal richtig durch. Im Hinterkopf habend, dass ich natürlich nicht von den Teams überrollt werden will. Wäre jetzt eigentlich auch egal, aber da ist das Ego dann doch präsent!

Ohne den Fahrern, die ich in den kommenden Minuten überhole, etwas Böses zu wollen, weiß ich nun entgültig, dass mich mein „kleiner Ausflug“ direkt an Schlussfeld katapultiert hat. Mittlerweile seh ich’s jetzt gelassen und bedanke mich mit einem Daumen hoch und Grinsen bei den wenigen Zuschauern, die alle paar Hundert Meter klatschen und uns zu jubeln.

Laut Kontrollschild noch drei Kilometer. Jetzt geht es nochmal bergan durch die Weinstraßen. Ich erspähe Teamfahrerin Julia vor mir. Sie kämpft, wurde sie doch leider von ihrem Team zurückgelassen. Kurzum schließe ich mich ihr an. Fasel irgendwas von „wie schön die Gegend doch ist„, „weit ist es nicht mehr„, „Hey Lachen hilft“….naja sone dämlichen, aber gut gemeinten , Anfeuerungsphrasen halt 😀

Trotz Fail, ein geiles Zeitfahrerlebnis!

Keine Ahnung wann, aber irgendwann trudeln wir schließlich über die Zielmatte. Zu meiner Überraschung bin ich nicht der einzige, der sich verfahren hat. Ich bekomme mit, wie einige wild diskutieren, sich aufregen, gerade zu empören, als hätten sie gerade die Zeitfahrweltmeisterschaft vergeigt.

Ja, schade war es. Aber sooo wichtig ist es nun auch wieder nicht. Leute entspannt euch 😉

Tja, trotz meines Fauxpas‘ war das mal wieder ein geiles Zeitfahrterlebnis und beflügelt mich nur noch mehr, nach der Ötztaler-Saison wieder im Triathlonkosmos mitzuzocken!

Jetzt aber erst mal 120% Fokus auf den Ötzi – noch 13 Tage #dedicated #fullgas

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über

31 Jahre jung, Freigeist und sportverrückt. Hat irgendetwas mit Marketing studiert, um dann doch auf den journalistischen Zug aufspringen zu wollen. Passionierter Triathlet ist er auch noch. Seine Leidenschaft zum Ausdauersport, Digitalen und Kreativen lebt er auf diesem Blog aus. Hey, schreib' ihm doch mal einen Kommentar :)

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