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Alex sieht Roth #4 – Das erste Trainingscamp (Teil2)

Moin moin liebe Sportsfreunde!

wie versprochen legen wir heute direkt nochmal einen nach. Heute schauen wir uns Lanzarote als mögliches Trainingsdomizil an und klären, was der vielleicht größte Unterschied im Vergleich zwischen Amateuren und Profis ist.

Training auf Lanzarote ist hart und ehrlich

Schwimmen war ich meistens im städtischen Schwimmbad in Arrecife, etwa 30 Autominuten entfernt von La Santa. In einem 25m Indoor-Pool macht das zwar weniger Spaß als Open Air, anders wäre es mir hier in Deutschland ja aber auch nicht gegangen. Was hingegen deutlich mehr Spaß macht, ist das Radfahren, auch wenn es dank der extremen Winde und der anspruchsvollen Topographie hart und ehrlich ist. Ähnlich wie Rolle fahren; du kannst kaum eine Pedalumdrehung auslassen, bist die ganze Zeit am Arbeiten und sehr sehr viel auf dem kleinen Blatt..! Fürs Auge bietet die Insel dafür über weite Strecken nicht viel. Sehr kahl, viel Vulkangestein und wenig grün. Vor allem wenn man in Richtung Norden durch die Berge zum Mirador del Rio fährt, kann man aber den ein oder anderen genüsslichen Blick nach rechts und links schweifen lassen. Auch der Anstieg von Tabayesco in Richtung Los Valles hat es mir angetan.

Im Westen gibt es die berühmte „El Golfo Runde“, die durchaus ihren Charme hat und entlang des Wassers führt. Von dort aus kann man auch einen Blick auf das benachbarte Fuerteventura werfen. Insgesamt ist das Straßennetz aber sehr begrenzt und man ist viel auf den gleichen Straßen unterwegs, das sollte man wissen. Positiv fällt auf, dass die Autofahrer extrem entspannt sind und lieber drei Minuten hinter einem warten anstatt eng vorbeizufahren. I LIKE!

Auch das Laufen ist in La Santa – ich nenne es mal – äußerst qualitativ. Gefühlt geht es entweder bergauf oder gegen den Wind. Es ist daher schwer, sich am Tempo zu orientieren, weshalb ich jedem Athleten einen Pulsgurt zur zusätzlichen Kontrolle empfehlen würde. Man kann ganz gut durch die Lagune und um den Club laufen (ca. 4km), ich empfehle aber, im Hinterland auf Entdeckungstour zu gehen, sich im Zweifel mal zu verlaufen, aber dafür neue Wege und Routen kennenzulernen.

Lanzarote ist keine Insel für Anfänger

Nach meinem ersten Trainingslager muss ich feststellen, dass es schwer ist, sich in die Insel so zu verlieben wie beispielsweise in die Region rund um Kapstadt oder auch Mallorca. Dafür ist es zu kahl und einseitig. ABER: das Training dort KANN extrem effektiv und wirksam sein, wenn es denn gut gesteuert und umgesetzt wird. Damit hat Lanzarote auf jeden Fall seine Daseinsberechtigung als Trainings-Location in den kalten Wintermonaten – nicht umsonst wimmelt es auf der Insel vor Profis und Denen, die es werden möchten.

Lanzarote ist aber auch gut um sich zu verheizen, vor allem über einen längeren Zeitraum. Sich schnelleren Radfahrern anzuschließen oder die Anstiege und bei Gegenwind zu überpowern birgt seine Gefahren mit Blick auf eine kontraproduktive Frühform. Dazu kommen Seitenwinde mit teilweise mehr als 100 Sachen, die leichte Fahrer und/oder Beginner vor enorme Herausforderungen stellen. Selbst ich mit meinen 85kg Kampfgewicht war dem Straßengraben mehrmals näher als gewünscht. Dieser hält übrigens kein weiches Gras, sondern spitzes Gestein bereit..!

Mir haben drei Faktoren extrem geholfen:

  1. Mein Leistungsmesser (Garmin Vector 2s): ich wusste zu jeder Zeit in welchen Bereichen ich unterwegs war, konnte reagieren und einen Gang rausnehmen – auch wenn es an manchen Stellen unweigerlich kurz ins GA2 geht. Ich habe übrigens Mal einen Test über die Vector 2s geschrieben, schaut gerne Mal vorbei.
  2. Mein Coach: als ehemaliger Profi kennt er die Insel, ihre Herausforderungen und Bedingungen aus dem Effeff. So konnte er zum Einen die Belastung sehr genau steuern ohne mich zu überfordern und zum Anderen hat er mir immer wieder Streckentipps gegeben wo ich bspw. Intervalle fahren und sogar wo ich den nächsten Coffee-Stop einlegen könnte 😉
  3. Mein nicht mehr ganz so großes Ego: Wenn Johannes – aka. der Vikinger – Moldan zu schnell wurde, ging es für mich entweder in den Windschatten oder ich habe kurz abreißen lassen. So ehrlich bin ich mittlerweile zu mir selbst 😉 Geholfen hat vermutlich auch, dass wir (leider) einen anderen Trainingsrhythmus hatten und relativ wenig zusammen fahren konnten.

Wackelig beim Laufen, mit Druck auf dem Rad

Ein letzter Abschnitt über mich und wie mein Training in der Nachbetrachtung lief:

Das Schwimmen erstaunlich gut und vielversprechend – zumindest auf meinem bescheidenen schwimmerischen Niveau. Das Schlüsselbein macht auch bei hohen Umfängen keine Schwierigkeiten mehr und das Wassergefühl und Druck in den Armen ist gut. Dabei ist für mich weniger entscheidend ob ich in Roth eine Minute schneller oder langsamer schwimme, für die Unterdistanzen und auch die Effekte fürs Herz-Kreislauf-System ist das Training aber extrem wichtig.

Auch auf dem Rad lief es sehr gut und ich konnte fast alles so durchziehen wie gewollt. Lediglich am letzten Tag fiel meine 6-Std-Tour mehreren Hagelschauern zum Opfer und wurde auf 2,5Std verkürzt. (No) Drama, Baby! Dazu konnte ich einige intensivere Abschnitte fahren und habe ansonsten viel an der Kraftausdauer gearbeitet. Für die Statistiker noch ein Happen: In den vier Wochen kamen 19 Radfahrten mit acht Ruhetage und knapp 70 Stunden im Sattel zusammen.

Quality Time auf dem Bike!

Mehr Drama gab es beim Laufen. Ein verschlepptes und leider aus Faulheit und Zeitmangel resultierendes Läuferknie aus dem Dezember habe ich mit ins Camp genommen und mich dazu gezwungen in den ersten drei Wochen nur sehr reduziert trainieren zu können. Streng genommen: alle zwei Tage 30 Minuten – maximal. Mit Physio, Stretching, Blackroll, Kältetherapie und Geduld habe ich die Probleme gegen Ende hin aber immer besser in den Griff bekommen und bin jetzt weitestgehend schmerzfrei. Da ich in dem Bereich in den letzten Jahren sehr stabil war, mache ich mir noch keine Sorgen und baue das Lauftraining weiterhin behutsam auf. Insgesamt bin ich also gefühlt auf Kurs und bin gespannt, wie sich das extrem gute Gefühl auf dem Rad in den Ergebnissen der Leistungsdiagnostik niederschlägt. Im März folgt der gleiche Test dann auf dem Laufband, wobei spürbar noch einiges an Spritzigkeit, Tempohärte und Gefühl fehlt.

Kleiner Tipp von mir: viele Kniebeschwerden kommen entweder von einer verkürzten und/oder verhärteten seitlichen Oberschenkelmuskulatur (Tractus iliotibialis) oder aus dem Gluteus. Für die Seite hilft die klassische Blackroll. Der Physio hat mir den Tipp gegeben, nicht unmittelbar auf dem Band zu rollen, sondern an den Kanten der Muskulatur, also leicht nach oben und unten versetzt. Den Gluteus bekommt er wunderbar mit dem Blackroll Ball wieder frei. Setzt euch einfach drauf und sucht die zwei bis drei Punkte, die am meisten weh tun; verstärken könnt ihr es noch, indem ihr das Bein, das ihr bearbeitet so überschlagt, dass die Ferse auf dem Knie des anderen Beines liegt.

Für die Profis zählt (fast) nur Training, Essen und Schlaf

Jetzt aber noch ein kurzer Abriss über die Unterschiede zwischen (den meisten) Profis und Leuten wie mir. Ich habe z.B. viel mit den Athleten aus dem Erdinger Alkoholfrei Team sprechen können, die zwei Wochen im Club La Santa untergebracht waren. Zwar standen einige Medientermine, Fotoshootings und Meet&Greats auf der Agenda, in erster Linie galt der Fokus allerdings dem Training. Halbpension und Hotel bedeuten: kein Kochen, kein Einkaufen, kein Aufräumen, kein Abwaschen und nichts, was sonst noch alles Zeit im Alltag raubt. Dazu die kurzen Wege zum Pool, dem Gym oder der Laufbahn. Der Tag ist komplett auf das Training ausgerichtet und zwischen den Einheiten passiert nicht viel, was die Regeneration oder Konzentration stören könnte. Mittagsschläfchen und Kaffees standen fast ausnahmslos hoch im Kurs – it’s a hard damn life! 😉

Anders sah es natürlich bei mir aus: abgesehen davon, dass ich tagsüber gar nicht schlafen kann, blieb dafür auch keine Zeit. Mittags gab es meistens etwas schnelles zu essen (Müsli, Brot etc., das haben Profis und Amateure übrigens gemein), bevor es mit Laptop, Kopfhörern, Kalender und Notizblock ins Cafè zum Arbeiten ging.

Hannes und Alex im Kampfmodus!

Eines meiner größten Learnings aus den Gesprächen mit unterschiedlichsten Athleten war die Gelassenheit, die im Januar zu einem so frühen Zeitpunkt der Saison an den Tag gelegt wird. Es wird sich nicht gestresst, wenn eine Einheit kürzer ausfällt, der Wind von der falschen Seite kommt oder – wie beim Erdinger Alkoholfrei Team – ein Vergleich mit anderen Athleten und deren Trainingsumfängen unausweichbar ist.

Der Satz „es ist noch früh in der Saison!“ glich weniger einer Phrase, als einer ehrlichen Auffassung.

Ich habe fast das Gefühl, dass verpasste Einheiten – zumindest zu diesem Zeitpunkt – den Amateuren mehr wehtun, als den Profis aus der Weltspitze. Anders wird es vermutlich aussehen, wenn die Saison in den Startlöchern steht und die Renn-Highlights gefährlich nahe erscheinen. Wahrscheinlich ist es gerade diese Einstellung, an der wir uns an den Profis orientieren sollten. Keine Wattwerte, Trainingsstunden oder Laufzeiten wie leider üblich, sondern die Einstellung zum Sport, zur konstanten sportlichen Entwicklung und dem gesunden Umgang mit der direkten Konkurrenz.

Vielleicht wird es gerade zum letzten Punkt bei Zeiten einen weiteren Beitrag geben – auf welcher Plattform das auch immer geschehen mag. Als Live-Talk auf Youtube, als Interview mit einem Profi, als Blog oder Podcast. Gebt doch gerne Mal Bescheid, ob und was Euch in Bezug auf die Einstellung der Profis zu unterschiedlichsten Themen interessiert und vielleicht ist es ja möglich, den Einen oder Anderen dazu zu befragen.

***

Von mir soll es das an dieser Stelle gewesen sein, die Sonne scheint gerade in Hamburg und meine Laufschuhe gucken mich schon ungeduldig von der Seite an. Wir „lesen“ uns ab jetzt wie versprochen im 2-Wochen Rhythmus.

Bis bald, bleibt fleißig

Alex

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über

Die Langdistanz ist die Königsdisziplin im Triathlon. Alex wird als Gastautor auf dem Sportsfreund Blog in den nächsten 5 Monaten von seiner Vorbereitung auf die Challenge Roth berichten. Keine 0815 Trainingsweisheiten, sondern ehrliche und authentische Erfahrungsberichte - samt den Erfolgen und möglichen Rückschlägen. Kurzum: Alex sieht Roth!

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