Laufen Marathon TRAINING

10 Gründe, warum Kenianer so schnell laufen können

Foto: Marietta d’Erlanger

Abseits der großen Lauferfolge, den zahllosen Weltrekorden der letzten Jahrzehnte sowie der anhaltenden Dominanz kenianischer Läufer, ist es vor allem ein kleines Symbol, was das große Ganze auf einen kleinen Ausgangspunkt zurückbringt. Iten – das Läufereldorado Kenias und zugleich Schmiede zahlloser junger Läufer, die den Traum haben, einmal ihren großen Vorbildern wie  Wilson Boit Kipketer oder Wilson Kipsang nachzueifern. Der Traum durch das Laufen ein besseres Leben zu haben.

Existiert DAS Geheimnis um die kenianische Laufdominanz wirklich?

Laufen, Jogging, Rennen… Wie man es auch nennen mag, ist es insbesondere in der westlichen Welt in den letzten Jahren immer mehr zum Volksport avanciert. Viele Laufsportevents ermöglichen es tausenden Sportbegeisterten jedes Jahr ihre Leidenschaft ausleben zu können. Vereinzelt lassen sich auf größeren Events sowie auch bei so manchen kleineren Läufen farbige Läufer erkennen. Naturgemäß reihen sich jene dann meist unter den vorderen Plätzen ein. Jedoch fragt man sich kaum, wer diese Menschen eigentlich sind, was sie antreibt und vor allem: Warum sind sie eigentlich dermaßen stark, wenn es ums Laufen geht? Eine durchaus interessante Fragestellung, die nicht nur Profiathleten anderer Nationen beschäftigt, sondern ebenso Hobbyläufer und Wissenschaftler fasziniert.

Der britische Journalist und Freizeitläufer, Adharanand Finn stellte sich ebenfalls die Frage und beschloss kurzum es in einem mehrmonatigen Aufenthalt in Kenia selbst herauszufinden, weshalb kenianische Athleten den Laufsport seit Jahrzehnten derart dominieren. Oftmals ließt man in Artikeln und Dokumentationen zu dem Thema Titel wie „Das Geheimnis der Kenianer“. Voller Motivation ging es A. Finn natürlich darum, diesem ominösen Geheimnis auf den Grund zu gehen. Letztendlich kam es ganz anders und ihm offenbarte sich allmählich die Ursache kenianischer Laufdominanz, welche er in seinem Buch „Im Land des Laufens – Meine Zeit in Kenia“ eindrucksvoll schildert. Nicht EIN Geheimnis bzw. ausschlagebenes Moment, als vielmehr eine Symbiose vieler Aspekte sind es, die zum Erfolg kenianischer Athleten dazu beitragen.

Gründe für Kenias Laufwunder und die fatalen Folgen des technologischen Fortschritts

Zugegeben mag der Titel des Artikel recht prägnant klingen und für den einen oder anderen suggerieren, dass die Projektion jener 10 Gründe einen dazu befähigt, schon morgen ein Läufer im kenianischem Stile zu sein. Diesen Traum muss ich leider zerplatzen lassen. Jedoch geht es hierbei wie bereits erwähnt eher darum, einmal aufzuzeigen, was den Mythos kenianischer Läufer ausmacht und einmal klar zu stellen, dass es vielmehr als ein einziges Fragment ist. Kenia – das bedeutet vor allem eins: naturbelassende endlose Wege in der heißen Savanne. Genau diese Umweltverhältnisse sind es, mit denen Kenianer ihr Leben lang auskommen müssen. Erfahrungsgemäß passt sich der menschliche Organismus an äußere Umweltfaktoren an. So gilt es bereits in der Kindheit, jeden Morgen und Nachmittag den Weg zur Schule barfuß im Jogging zurückzulegen. Nicht weil es den Kindern Spaß machen würde.

Vielmehr ist es die fehlende Aussicht auf Alternativen. Viele Familien wohnen, entgegen global-urbaner Trends, noch immer auf dem Land und besitzen keine Fahrräder, Mofas, geschweige denn Autos. Noch gibt es so etwas wie öffentliche Verkehrsmittel. A. Finn beschreibt es in seinem Buch so, dass ein kenianisches Kind, egal ob Junge oder Mädchen, im Alter von 16 Jahren bereits ca. 60% seiner Grundlagenausdauer-Entwicklung abgeschlossen hat. In Anbetracht dessen, dass der ganzheitliche Ansatz der Methode der Grundlagenausdauer oftmals über Jahrzehnte bis hin ins höhere Alter manifestiert werden muss, ist jener Aspekt kenianischer Kinder nicht weniger als phänomenal. Hinzukommend sind es die handwerklichen Alltagsaufgaben,  wie Vieh und Hof zu pflegen, die Kenianer bereits im frühen Alter Robustheit aufzeigen.

Auf den ersten Blick scheint letzteres Argument kaum ausschlaggebend auf die athletische Stärke kenianischer Menschen zu sein. Jedoch wäre das eine fälschliche Annahme. Abgesehen davon, dass ein Vergleich westlicher und kenianischer Sportler aufgrund der sozial-kulturellen, ökologischen und ökonomischen Verhältnisse kaum haltbar wäre, ist es dennoch interessant einmal zu verdeutlichen, , dass insbesondere Aspekte wie der technische Fortschritt, Innovationen und die zunehmende Urbanisierung und Globalisierung Gründe dafür sind, die uns unbewusst einen großen Nachteil gegenüber den Kenianern auflegen. Unser Alltag ist voll mit technischen Geräten, die uns das Leben scheinbar erleichtern sollen. Doch vor allem machen sie uns eins – träge und schwach. Rolltreppen, Fahrstühle, elektrische Fahrräder – ja sogar automatische Fensterheber sorgen dafür, dass wir immer weniger unsere Muskulatur in Anspruch nehmen müssen. Ein durchaus brisantes Thema, dass bereits von „Born to Run“-Autor Christopher McDougall diskutiert wird.

Auf den Punkt gebracht: Fortschreitende Technik führ demnach dazu, dass wir uns weniger bewegen, Muskelgruppen nicht mehr aktivieren sowie wahrnehmen und unsere genetische Fähigkeit zu Laufen immer seltener in Gebrauch nehmen.

Die Folge sind Muskelschwund, Bein und Knie-Verletzungen sowie Altersschwäche. Ebenso ist es die Schuhindustrie, die mittels scheinbar hochmoderner Laufschuhe, dazu beiträgt, dass wir unsere naturgegebenen Muskel- und Stützapparate kaum noch aktiv einsetzen müssen. Stabilisierende Dämpfungsschuhe machen es möglich…

Und um den Fokus wieder zurück auf die Kenianer zu legen, lassen sich ebenso solche Phänomene bei ihnen nicht erkennen. In Kenia laufen selbst Menschen im hohen Alter von über 80 Jahren Marathons wie Jünglinge und besitzen im Gegensatz westlicher Menschen noch immer weitergehest ihre vollständige muskuläre Aktivität.

Das tiefe Bedürfnis zu laufen

Angesichts dieser Darlegungen, entsteht jedoch der falsche Eindruck, das Laufen würde für die Kenianer eine verpflichtende Bürde sein. Doch dem ist nicht so. In keinem anderen Land auf der Welt lässt sich wohl eine derartige Begeisterung für das Laufen finden. In ganz Kenia gibt es tausende Läufer, die täglich in den zahlreichen Laufcamps wie in Iten, Eldoret oder Karbanat trainieren, um irgendwann einmal vielleicht ihren großen Traum verwirklichen zu können. Als ein ausgewählter kenianischer Vertreter an ausländischen Läufen teilzunehmen und als gefeierter Held zurück zu ihrer Heimat zurück zukehren. Für diesen Traum trainieren sie jeden Tag sehr hart. Auf Aschebahnen in über 2000 Meter Höhe – die meisten Städte in Kenia liegen 2000m über dem Meeresspiegel – laufen sie Runde um Runde. Vereinzelt finden sich immer wieder auch ausländische Athleten ein, welche oftmals nicht schlecht stauen müssen, in welchem aberwitzigen Tempo die manchmal 100-Mann-starken Laufgruppen ihre Runden ziehen.

Demnach lässt sich die Höhenlage als weiteren Einflussfaktor ausfindig machen. Spitzensportler wissen längst, dass nach dem Prinzip der Superkompensation die Regeneration ein wichtiger Aspekt im Training darstellt. Zwar sucht man hier technische Hilfsmittel wie Pulsuhren oder Laktaktmessgeräte vergeben, doch nehmen es die Kenianer mit den Pausen zwischen den Trainingszeiten sehr genau. In den Pausen gibt es meistens Ugali. Ein einfaches Gericht, bestehend aus kohlenhydratreichem Maismehl aufgekocht mit Wasser. Hinzukommen Bohnen, Reis und viel Grünes.

Insofern lässt sich die fettarme und zugleich naturbelassende-nährstoffreiche Ernährung als weiterer Grund aufzählen. Nach den gemeinsamen Mahlzeiten geht es wieder auf die Laufbahn. Als Athlet in einem kenianischen Laufcamp gibt es im Grunde nur einen Zyklus, der sich immer wieder wiederholt: Schlafen, Trainieren, Essen, Schlafen. Tag ein, Tag aus. Demnach gibt es kaum störende Einflüsse, wie Arbeit,- und Zeitstress, die in der westlichen Welt oftmals vorzufinden sind. Die schlichte Vorgehensweise kombiniert mit der vollständigen Hingabe in JEDEM Training, ergeben einen großen Vorteil. Sicherlich mag es viele Athleten im Rest der Welt geben, deren Motivation ebenfalls sehr hoch ist. Jedoch unterscheidet sich deren Antrieb gravierend.

Wie bereits angedeutet, besitzt ein Kenianischer Athlet keine Alternative zum Laufen. Er wird auch keine Erfüllung in der Tätigkeit anderer Arbeiten finden. Um es anhand der Wissenschaft von menschlichen Bedürfnissen zu beschreiben, eignet sich die Maslow-Pyramide. Der Psychologe A. H. Maslow untereilt dabei die Bedürfnisse in bestimmte Ebenen und formt sie zu einer Pyramide, beginnend mit den einfachen physiologischen und sozialen Bedürfnissen (Basis der Pyramide) und dem darüber folgend, Anerkennung sowie Selbstverwirklichung. Letzteres lässt sich oftmals als Motiv westlicher Läufer kennzeichnen. Als kenianischer Läufer dagegen, rennt man nicht der Anerkennung halber oder um sich selbst zu verwirklichen. Es geht darum, die Grundbedürfnisse zu decken. Physiologische und soziale Sicherheit. Genau diese Aspekte lassen sich durch das Laufen erreichen.

Daraus gehend lässt sich auch der unbedingte Siegeswillen der Kenianer erklären. A. Finn legt es in seinem Buch so dar, dass auf die Frage hin:  „Bist du in der Lage das Rennen zu gewinnen?“, ein Kenianer immer mit einem knappem „Ja“ beantworten würde. Nicht der Arroganz geschuldet. Vielmehr ist es eine Art Glaubenshaltung, die zwar recht naiv sein mag, jedoch dafür sorgt, dass ein Kenianer nie aufgeben wird. Sei der körperliche oder mentale Schmerz auch noch so groß. C.S. Lewis formulierte es einmal so: „Könnte man rennen, ohne müde zu werden, so würde man, glaube ich, nicht oft etwas anderes tun wollen“. Eine Aussage, dass auf Kenianer wohl kaum zutrifft und doch zugleich deren sportliche Dominanz in der Welt-Leichtathletik in einem Satz abstrahiert.

10 Gründe für die Stärke kenianischer Athleten – kurz und knapp:

  • ·         Die harte, bewegungsintensive Kindheit / Die psychische Robustheit
  • ·         Das Barfußlaufen
  • ·         Die Höhenlage und die die Laufcamps
  • ·         Die Ernährung & schlichte Vorgehensweise beim Training
  • ·         Die Vorbilder und der Spirit
  • ·         Die Konzentration und Hingabe
  • ·         Das Streben nach Erfolg, der das Leben verändern kann
  • ·         Die Siegeszuversicht
  • ·         Der Mangel an Alternativen zum Laufen
  • ·         Die alles überlagernde Laufkultur

Quelle: „Im Land des Laufens – Meine zeit in Kenia“ >>klick hier zum Kaufen<<

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über

31 Jahre jung, Freigeist und sportverrückt. Hat irgendetwas mit Marketing studiert, um dann doch auf den journalistischen Zug aufspringen zu wollen. Passionierter Triathlet ist er auch noch. Seine Leidenschaft zum Ausdauersport, Digitalen und Kreativen lebt er auf diesem Blog aus. Hey, schreib' ihm doch mal einen Kommentar :)

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