LIFESTYLE Mallorca Reportage

Mallorca, Du verführerisches Pflaster!

Jährlich strömen Millionen Partytouristen auf die viel zitierte „Lieblingsinsel“ der Deutschen. Mit Schlachtrufen wie „Balla, Balla, Ballermann“ oder „Malle ist nur einmal im Jahr“ brüsten sie sich. Doch Mallorca ist mehr als nur Partyhochburg und Sangriaexzesse am Strand. Im Hinterland, auf den fein geteerten Straßen, spielt sich ein völlig anderes Szenario ab: Die Faszination Rennradfahren.

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Freitag, ein heißer Märztag dieses Jahres, mitten im Herzen Mallorcas beliebtester Pilgerstätte – zumindest wenn man Radfahrern Glauben schenken darf. Vor mir schlängelt sie sich zehn Kilometer entlang: Sa Calobra. Ein Prachtexemplar von Serpentinenstraße, inmitten des Tramuntana-Gebirges im Nordwesten Mallorcas. So schön, so verwinkelt, so einladend, dass ich muskelzuckend vor Freude meine an der Schuhsohle befestigten Cleats in die Pedale klicke. Mein Grinsen gleicht dem eines Honigkuchenpferds. Heute fahren wir unsere eigene Königsetappe – ganz im Stile der finalen Momente einer Tour de France. Die fünfundzwanzig Millimeter breiten Reifen bilden eine Symbiose zwischen meinem mattschwarzen Carbonrennrad und dem sauber geteerten Asphalt. Endorphine überkommen mich. Nicht nur ich, auch meine Gedanken fahren in diesen Momenten Achterbahn. Ich bin frei und spüre ein prägnantes Gefühl: Dankbarkeit.

Fünf Tage zuvor landen wir in Palma, Mallorcas Hauptstadt. Während des Landeanflugs erspähe ich eines der ausgemachten Highlights für das einwöchige Trainingslager. Es ist das Antlitz der Serra de Tramuntana, dem größten Gebirgszug Mallorcas, das meine Augen funkeln lässt. Mein Ruhepuls schnellt sofort ein Dutzend Schläge hoch. Plötzlich reißt mich ein schallender Ton aus meinem Tagtraum. Die Pilotin setzt zur Landung an. Letztere ist butterweich. Mit mir reisen mein Cousin und meine Mutter. Und dann, nur wenige Kilometer nachdem wir aus Palma herausfahren, sehen wir sie zum ersten Mal. Unzählige ihrer Art. Große „Pelotons“, um es im Radsport Slang zu sagen. Der Mythos scheint zu existieren. Mallorca ist eines der angesagtesten Eldorados für Rennradfahrer. Ihnen bietet die größte Insel der Balearen ein traumhaftes All-inclusive Naturpaket: Eine fast unerschöpfliche Flatrate an Sonnenstunden. Sa Calobra, Puig Major oder Cap Formentor locken im Westen und Norden diejenigen, die Höhenmeter sammeln wollen.

Hingegen reizen eigens für Radfahrer angelegte Wege im Inland mit sauber geteertem Rollasphalt. Obgleich mir das Traumwetter und die geografischen Bonbons schmeicheln, geht die Magie der Insel von den Sportlern aus. Es ist das Grinsen der entgegenkommenden Radfahrer. Oder die Einheimischen und Wahlspanier in den nostalgischen Eck-Cafés, die mir das Gefühl geben, nicht der millionste Sporttourist, sondern willkommener Gast zu sein – trotz verschwitzter Funktionskleidung…

Im Nachhinein muss ich oft an Coll de sa Bataia denken. Eine hoch gelegene Tankstelle nahe des berühmten Kloster Llucs im Norden der Insel. Mindestens einmal muss man hier zum „Boxenstopp“ einkehren, heißt es. Gründe dafür gibt zu genüge. Etwa für die Übermotivierten, die nach dem kräftezehrenden, sechs kilometerlangen Anstieg vom beschaulichen Örtchen Caimari, erst mal nach Luft japsen. Oder für die Ambitionierten, die ohne mit den Muskeln zu zucken vorab eine Serie Bergintervalle abspulen. Eins wollen sie hier jedoch alle: Bei frischgebackenen Mandelkuchen und aromatischen Espressi den Moment genießen.

Zurück zur Königsetappe. Knapp vier Stunden und 2.100 Höhenmeter liegen hinter uns. Mir bleiben noch zwei Stunden, bis ich mein sündhaft teures Carbonrennrad zurück zum Pasculli Fahrradladen in Petra bringen muss. Als „Frischling“ im Trainingslager-Geschäft habe ich mich diesmal für die Leihvariante entscheiden. Der Gedanke, mein Liebling auf zwei Rädern mehrere Stunden in einen stahlharten Transportkoffer zu stecken, löst bei mir vorerst noch Unbehagen aus. Aber wer weiß, vielleicht treten wir die Reise nächstes Mal zusammen an. Bis dahin zehre ich von den Erinnerungschnipseln an Sa Calobra und Co. Ich bin mit dem Inselvirus infiziert – der Mythos vom Radsport-Mekka lebt wahrhaftig.

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Foto: Mallorca Cycling Photos

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über

31 Jahre jung, Freigeist und sportverrückt. Hat irgendetwas mit Marketing studiert, um dann doch auf den journalistischen Zug aufspringen zu wollen. Passionierter Triathlet ist er auch noch. Seine Leidenschaft zum Ausdauersport, Digitalen und Kreativen lebt er auf diesem Blog aus. Hey, schreib' ihm doch mal einen Kommentar :)

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